Wirtschaft im Bulgarien-Lexikon

Als der Sozialismus im Jahr 1989 zusammen brach, versuchte man in Bulgarien von der Plan- auf die Marktwirtschaft umzusteigen. Zu wenig Kapital und fehlendes Wissen erschwerte nach der Privatisierung im Jahr 1992 den Weg in die Konkurrenzfähigkeit. Außerdem machte der jugoslawische Bürgerkrieg den Bulgaren schwer zu schaffen. In der Elektroindustrie Bulgariens waren teilweise bis zu 300.000 Menschen beschäftigt – viele davon in der Computerindustrie, wo qualitative minderwertige Geräte der amerikanischen Marken Apple und IBM nachgebaut wurden. Die meisten wirtschaftlichen Beziehungen bestanden zur Sowjetunion. Als dieser Markt zusammenbrach, geriet die bulgarische Wirtschaft in eine schwere Krise, von der sich das Land erst im Jahr 2004 wieder erholte. Die Computer-Hardware verschwand völlig von der Bildfläche, innerhalb von sechs Jahren sank das Realeinkommen um fast 70 Prozent, der Lebensstandard fiel um 40 Prozent. Insbesondere das System der Kranken-und Rentenversicherungen verschwand fast vollständig. Die Staatsverschuldung wuchs immens, was im Jahr 1996 zu einer schweren Wirtschaftskrise führte. Über Nacht wurden Banken zahlungsunfähig, gegenüber ausländischen Kreditgebern geriet Bulgarien in Zahlungsschwierigkeiten. Auf schnellem Weg verabschiedete die Regierung ein Strukturprogramm, infolge dessen 134 „angeschlagenen“ Staatsbetriebe geschlossen werden sollten. Vor allem ausländische Investoren sollten durch Steuervergünstigungen angelockt werden. Über einen Zeitraum von 8 bis 10 Jahren gelang es der Regierung, die Wirtschaft wieder voran zu treiben. Die Arbeitslosigkeit sank, die Kooperation mit internationalen Währungsfonds und der Weltbank führte zu einer relativen Stabilität. Ende des Jahres 2005 hatte Bulgarien nur noch knapp 11 Prozent arbeitslose Frauen und Männer, daran waren maßgeblich Hilfen der Europäischen Union beteiligt. Für verschiedene Programme standen zum Beispiel im Jahr 2004 etwa 400 Millionen Euro zur Verfügung.

Wirtschaft und Landwirtschaft

Die in den Jahren 2004 und 2005 erwirtschafteten Überschüsse wurden von der Regierung für Ausgleichsmaßnahmen wie der notwendigen Anpassung der Preise für Elektrizität, Wasser und Fernheizung verwendet. Das führte unter anderem dazu, dass die realen Bezüge insbesondere bei benachteiligten Menschen wie Arbeitslosen, Behinderten und Rentner erstmalig seit langer Zeit wieder stiegen. Trotzdem blieben weit über eine Million Menschen vom wirtschaftlichen Aufschwung weitgehend ausgeschlossen. Eines der größten Hindernisse im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwunges waren die Schwächen im Justizsystem der Bulgaren. Wichtigste Wirtschaftszweige sind Chemische Industrie, Nahrungsmittel, Tabak-, Metall-, Maschinen-, Textil-, Glas- und Porzellanindustrie sowie Kohleförderung, Stahlproduktion, Energiewirtschaft und natürlich der Tourismus. Die wichtigsten Aus-und Einfuhrgüter Bulgariens sind chemische Güter, Nahrungs-und Genussmittel, Rohmetall-und Stahlprodukte, Maschinen, Konsumartikel, Textilprodukte und Elektrizität. Deutschland sowie Italien zählen zu den wichtigsten Handelspartnern Bulgariens: Über 4.500 Firmen unter anderem auf Sardinien und Sizilien treiben Handel mit Bulgarien, davon 1.200 direkt im Land. Den größten wirtschaftlichen Erfolg erlebte Bulgarien im Tourismus – bis vor einigen Jahren waren Schwarzmeerküste, Plovdiv und Sofia die beliebtesten Reiseziele, doch zahlreiche Projekte in ländlichen Gebieten und den Bergregionen brachten neue Arbeitsplätze. Über Jahrhunderte war Bulgarien ein Agrarland, die Industrie machte erst nach dem zweiten Weltkrieg Fortschritte. Durch Umweltverschmutzung sind etwa zehn Prozent der Äcker verseucht, zahlreiche kleine landwirtschaftliche Betriebe produzieren ihre Güter fast nur für den Eigenbedarf des Landes. Durch zu wenig Geld für dringend notwendige Investitionen führen die Kleinbauern eher ein schwieriges Leben. Vor allen Dingen mangelt es an Saatgut und Kleinmaschinen, gerade in den Bergen ist die Bearbeitung der Felder mit Hilfe von Ochsen noch an der Tagesordnung.


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