Architektur im Bulgarien-Lexikon

Das Land ist reich an historischer Architektur und Kunst: Es waren gleich 9 Ortschaften, die den Titel eines UNESCO-Weltkulturerbes erhielten. Über Jahrtausende hinweg festigte sich in Bulgarien Kunst-und Kulturtradition. Nach der politischen Wende sind viele altertümlichen Bauwerke in den Focus von internationalen Forscherteams geraten. Als in Bulgarien Menschen sesshaft wurden und feste Unterkünfte bauten, begann auch die Architektur des Landes. In der Steinzeit wurden die Unterkünfte vorwiegend an Quellen oder Flüssen gebaut, sie bestanden meist aus Flechtwerk oder Holzpfählen und hatten meist einen rechtwinkligen Grundriss. Zunächst bestanden die Hütten aus einem Raum, später wurden auch Anlagen mit mehreren Zimmern gebaut. Zeitzeugen aus dieser Zeit sind Reste von Pfahlbauten an Seeufern beziehungsweise in der Nähe von Varna am schwarzen Meer. Eine ausgesprochene „Wiedergeburt“ erlebten die Einflüsse thrakischen, römischen und griechischen Ursprungs, womit auch das europäische Erbe wieder näher gerückt ist. Zahlreiche Metallfunde sowie Gold-und Silberstücke zeugen vom Einfluss der Thraker. Die hohe Kultur der frühen Siedler beweisen aber über 10.000 über das ganze Land verstreute Gräber. Die Grabanlagen in Sveschtari und Kasanlak gehören zu den Weltkulturerben. In bulgarischen Museen sind viele Zeugnisse der römischen Kultur ausgestellt. In den Thermen von Kjustendil, Chissarja und Varna sind die Spuren der Badekulturen von mindestens vier römischen Kaisern nachzuweisen und in Plovdiv wurden zwei Amphitheater erhalten. Als die Schwarzmeerküste kolonisiert wurde, brachten die griechischen Einwanderer auch ihre Vorstellungen und das Wissen über griechische Kultur mit. Zeitzeugen sind Anlagen von griechischen Küstenstädten wie Nessebar oder Sosopol. Öffentliche Bauten wie Theater, Stadien oder Tempel zeugen vom Erbe der griechischen Zivilisation. Unter dem Einfluss der byzantinischen Kultur stand die frühchristliche Baukunst in den Jahren 400 bis 600 nach Christi Geburt. Es herrschte der Typ der dreischiffigen Basilika vor, aber es sind alle Formen byzantinischen Ursprungs zu sehen. Von nahezu allen Bauwerken blieben lediglich Ruinen übrig, Beispiele dafür sind die Metropolitenkirche in Nessebar sowie die Sophienkirche in Sofia. Auf dem Lande und in Klöstern wurden zahlreiche einschiffige Kirchen gebaut, ab dem 10. Jahrhundert wurden zunehmend Zentralbauten wie die runde Kirche in Preslav errichtet. Auch Kreuzkirchen wurden gebaut, die verschiedenen Ausführungen wurden teilweise mit frei stehenden Stützen und teils stützfrei gebaut. Mit am Besten erhalten ist das Gotteshaus von Johannes dem Täufer in Nessebar. Ebenfalls fast nur noch Ruinen und Mauerreste sind von der Festungs-und Palastarchitektur des neu entstandenen bulgarischen Reiches zu sehen. Vieles von dieser Bauweise ist in den ersten Hauptstädten Pliska und Preslav zu erkennen: Die Außenstadt ist von hohen Mauern und Türmen umgeben, durch eine weitere Festungsmauer wurden meist die Innenstädte geschützt. Während die reichen Leute eine hohe Wohnkultur mit Kanalisation und Wasserversorgung hatten, musste die Masse der restlichen Bevölkerung eher in armseligen Strohhütten leben. Ebenfalls fast nicht mehr vorhanden ist von den Wohnhäusern des zweiten bulgarischen Reiches. In den Städtern herrschte eine feudale Architektur, vorhandene Siedlungen wurden den militärischen Bedürfnissen entsprechend ausgebaut. Auch im zweiten bulgarischen Reich verschanzte sich der Adel hinter dicken Mauern, während das arme Volk draußen vor den Schutzwällen hausen musste. Als bestes Beispiel einer mittelalterlichen Stadt aus dieser Epoche gilt die ehemalige Hauptstadt Veliko Tarnovo mit dem Zarevezhügel. Mehr berichten lässt sich über die Sakralarchitektur aus dem Mittelalter. Hier trotzten viele Bauten den Kriegen und dem Verfall Umwelteinflüsse. Das Hauptmerkmal der Sakralarchitektur besteht in einer eher zurück haltenden Bauweise. Basiliken kommen nicht mehr so häufig vor – kleinere, einschiffige Kirchen, zum Teil mit Kuppen und Glockentürmen ausgestattet, beherrschen dieses Bild. Diese Tendenz wird durch die Demetrioskirche in Veliko Tarnovo, der Erzengelkirche in Nessebar sowie der der Gottesmutterkirche der Assenfestung bestätigt. Den Hauptteil der Sakralarchitektur dieses Zeitabschnittes stellen Kreuzkuppelkirchen dar, eindrucksvolle Beispiele hierfür sind die Pantokratorkirche sowie die Kirche des heiligen Aleiturgetos in Nessebar. Ein neues Element der damaligen Bautechnik waren als Ornamente in das Bauwerk eingesetzte Ziegel. Eingelassene farbige Keramiknäpfchen verleihen den Kirchen ihren Glanz. Auch in der Baukunst hinterließ die osmanische Herrschaft Spuren: Durch die osmanische Baukunst wurde nicht nur die Entwicklung des Wohnhausarchitektur beeinflusst, sondern es wurden auch steinerne Zeugen wie Bäder, Religionsschulen und überdachte Märkte hinterlassen. Vor allen Dingen prägen teilweise Moscheen in den verschiedensten Stilrichtungen wie die Tombulmoschee in Schumen, die Bairaklimoschee in Samokov oder die Imaretmoschee in Plovdiv das Stadtbild. Anfangs der osmanischen Herrschaft blieben eigene Gedanken hinsichtlich der Architektur von Seiten der Bulgaren aus. Wohnbauten wurden schlicht und ärmlich gehalten und Kirchen wurden bis auf wenige Ausnahmen erst ab dem 16. Jahrhundert wieder gebaut. Die Gotteshäuser waren unauffällig und einschiffig, lediglich die Decken und Wände im Inneren waren meist mit Malereien reich verziert. Als bestes Beispiel für diesen Baustil zählen die Kirchen von Arbanassi. Erst ab dem 17. Jahrhundert eröffneten sich den bulgarischen Architekten wieder Freiräume. Durch den wieder erstarkten Handel vor allen Dingen mit europäischen Staaten nach dem Niedergang des osmanischen Reiches ab dem 17. Jahrhundert setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, der bulgarischen Händlern und Handwerkern verstärkt Reichtum bescherte. Das hatte zur Folge, dass sich spätestens ab dem 19. Jahrhundert die Wohnhauskultur wesentlich verbesserte. Es wurden repräsentative und funktionale Häuser meist um einen Hof gebaut. Ost waren die Bauten von einer Mauer umgeben, zeitgemäß waren bei diesen Häusern eine offene Veranda sowie ein Raum für gesellschaftliche Gelegenheiten. In der so genannten Wiedergeburtszeit wiesen die Häuser in den verschiedenen Regionen sehr starke Unterschiede aus, so dass man zwischen einer Reihe von Haustypen wie dem Rhodopenhaus, Pirinhaus oder Schwarzmeerhaus unterscheiden musste. Im östlichen Bulgarien herrschten Bauten aus Holz vor, in den übrigen Landesteilen hatten die Häuser ein Erdgeschoss aus Ziegeln mit einem darüber liegenden verputzen Fachwerkbau. Auch bei den öffentlichen Gebäuden wurden neue Zeichen gesetzt: Es entstanden komplette Stadtviertel mit Handwerkerläden und Handelsniederlassungen. Als Symbol der neuen Zünfte wurde aber vor allen Dingen Uhrtürme gebaut. Einer der berühmtesten Baumeister des 19. Jahrhunderts war Nikola Fitschev, der die anmutig wirkende Jantrabrücke in der Nähe von Bjala und die überdachte Brücke in Lovetsch plante und baute. Auch die meisten bulgarischen Klöster sind in der Wiedergeburtszeit gebaut worden. Von außen erinnern die oft zweigeschossigen Häuser oft an Festungen, sie wurden aber mit Wohn-und Wirtschaftsgebäuden und einer meist in der Mitte liegenden Kirche versehen. Auch europäische Baustiele setzten sich mehr und mehr durch: Von der Neorenaissance über den Neobarock und dem Jugendstil bis hin zum Konstruktivismus findet man in Bulgarien alle baulichen Richtungen.

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